Mai 17, 2020

„Männer“ von Johanna Adorján

So lustig, so unendlich lustig. So wahr. So genau beobachtet.

Über Männer im Zug:

„… der Mann mit der festen, selbstzufriedenen Stimme, der in jedem deutschen Zug mitfährt und es immer noch nicht zum Chef gebracht hat, obwohl sein Leben die Arbeitswelt zu sein scheint, so, wie er die ganzen lächerlichen Floskeln draufhat, die man im normalen Leben nicht braucht. „Frau Müller, ich hab mal einen Anschlag auf Sie vor“, sagt er zum Beispiel zur Gesprächseröffung und ein Lachen hinterher, das signalisieren soll, ja, von Spaß versehe ich was. Es soll auch eine gewisse Lockerheit andeuten, hinter der sich, wer weiß, wer weiß nach Feierabend vielleicht noch ganz andere Verrücktheiten offenbaren. Zu guter Letzt soll es natürlich auch ein kleines bisschen verschleiern, dass er leider vergessen hat, ein Dokument mitzunehmen, und neun sei er ja schon im Zug (das Lieblingsthema aller im Zug Telefonierenden) und wisse nicht, ob die Verbindung halte (Lieblingsthema Nummer zwei, Stichwort Tunnel) – ob sie es ihm einscannen und mailen würde. Klar doch, vermutlich hat sie es längst getan, mit Anschlägen wie diesem hat Frau Müller ja täglich zu tun.
Bei Männern wählt er einen anderen Ton, weniger scherzend, stattdessen beflissen, eilfertig, kompetent. „Ich habe gesehen, dass Sie gemailt haben“, lautet hier eine typische Eröffnungsformel, denn in seiner Welt ist jede Geschäftsmail ein Ereignis, das zu neuen Taten ruft. …
Niemals hört man von ihm eine Frage, er gibt sich als Mann der Antwort.
Natürlich sagt er auch Flieger statt Flugzeug und Office statt Büro, er erfüllt wirklich jedes Klischee, und dass ihm selbst nicht auffällt, was für eine lächerliche Angestelltenkarrikatur er abgibt, ist wahrscheinlich das Glück seines Lebens.“

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